Forschung in die Praxis umsetzen
Erkenntnisse der Humanwissenschaften werden bereits genutzt, um eine bessere patientenorientierte Versorgung zu unterstützen.
Die Anwendung von Forschungsergebnissen aus vielen Bereichen der Humanwissenschaften birgt ein enormes Potenzial zur Verbesserung der Patientenergebnisse in alltäglichen Versorgungskontexten, wie Apotheken oder Zahnarztpraxen. Vom Verständnis für die unterschiedlichen Überzeugungssysteme bis hin zur Überbrückung der Kluft zwischen guten Absichten und Verhaltensänderungen eröffnen sich an jedem Berührungspunkt mit Patienten zahlreiche Möglichkeiten. Bereits in der Praxis integrierte Beispiele zeigen, welche Strategien auch in Ihrer Apotheke oder Zahnarztpraxis eingesetzt werden könnten, um Veränderungen zu bewirken.
Fallstudie: Motivierende SMS und Raucherentwöhnung
Im Jahre 2009 untersuchte eine britische Studie mit 5.524 Rauchern über 16 Jahre hinweg, wie sich motivierende SMS, die den Rauchern vor und während ihres Entwöhnungsversuchs zugesandt wurden, auf das dauerhafte Entwöhnungsverhalten bis zu sechs Monaten auswirkten.1 Dabei wurden motivierende Botschaften und Methoden zur Verhaltensänderung, die sich bei der persönlichen Unterstützung der Raucherentwöhnung als erfolgreich erwiesen haben, für die Zustellung per SMS modifiziert. Einige Beispiele für solche Botschaften sind folgende:
- Vor dem ersten Entwöhnungstag: „Um es sich leichter zu machen, versuch dich abzulenken, falls dich der Drang nach Nikotin überkommen sollte. Überleg dir persönliche Strategien, die dir in stressigen Situationen helfen.“
- Am ersten Entwöhnungstag: „Es ist so weit! – QUIT DAY – wirf all deine Kippen weg. HEUTE ist der Startschuss, für immer mit dem Rauchen aufzuhören! Du kannst es schaffen!“
- Nach dem ersten Entwöhnungstag: „Tag 4 = großer Tag – immer noch starkes Verlangen? Keine Sorge, morgen wird es leichter sein! Halte deinen Geist und deine Hände beschäftigt.“
- Antwort auf SMS der Teilnehmer, die „VERLANGEN“ zurückschreiben: „Das Verlangen hält im Durchschnitt nicht länger als fünf Minuten an. Versuche langsam an einem Getränk zu nippen, um dich abzulenken, bis das Verlangen vorbei ist.“
Die Studie war ein Erfolg. Diejenigen, die die motivierenden SMS erhalten hatten, hatten im Vergleich zur Kontrollgruppe nach 6 Monaten mit einer doppelt so hohen Wahrscheinlichkeit aufgehört (primäres Ergebnis). Die Intervention erwies sich außerdem in allen sozioökonomischen Gruppen sowie bei jüngeren (<35 Jahre) und älteren (≥35 Jahre) Rauchern als wirksam.1
Fallstudie: Selbstbestimmungstheorie und Gewichtskontrolle
Die Selbstbestimmungstheorie beschreibt, wie Verhaltensänderungen durch drei Faktoren vorhergesagt werden können, die die Motivation beeinflussen: das Gefühl, kompetent zu sein, sich unabhängig zu fühlen und in der Lage zu sein, eine Beziehung zu den Menschen um sich herum aufzubauen.2 Die Theorie bietet einen Handlungsrahmen, indem sie die drei Faktoren festlegt, um eine dauerhafte Verhaltensänderung durch Selbstmotivation zu erreichen.2
Dies wurde erfolgreich im Rahmen eines Gewichtskontrollprogramms eingesetzt. In einer einjährigen Studie mit 239 Frauen erwies sich eine Intervention, die sich gemäß der Selbstbestimmungstheorie auf die Förderung eigenständiger Formen der Bewegungsregulierung, intrinsischer Motivation und der Adhärenz zur Bewegung konzentrierte, als deutlich wirksamer als Programme zur allgemeinen Gesundheitsaufklärung (Kontrollgruppe).3
Fallstudie: Selbstwirksamkeit und Vernachlässigung der Zahngesundheit
Selbstwirksamkeit ist der Glaube einer Person an die eigene Kompetenz in einer gegebenen Situation. Er ist ein modifizierbarer Faktor, der in vielen Modellen angewendet wird, die darauf abzielen, Verhalten vorherzusagen, insbesondere in Bezug auf die Gesundheit.4
Eine Studie mit 1.280 Frauen aus Carolina wurde untersucht, wie sich das Wissen über Mundgesundheit und Selbstwirksamkeit auf die Mundhygiene und die Vernachlässigung dessen auswirken.4 In der Studie wurden anhand von Interviews Informationen zu den Zahnputzgewohnheiten, die auf eine Vernachlässigung der Zahnpflege hindeuten gesammelt, und die allgemeinen Überzeugungen der Teilnehmer in Bezug auf die Selbstwirksamkeit sowie deren Kenntnisse zur Zahngesundheit bewertet.4 Die Analyse zeigte, dass eine geringe Selbstwirksamkeit stark mit einer Vernachlässigung der Zahnpflege korrelierte. Somit kann die Mundgesundheit des Patienten gefördert werden, indem der Glaube an ihre eigene Fähigkeit, etwas ändern zu können, gestärkt wird.4 Darüber hinaus zeigte sich, dass sich Kenntnisse zur Mundgesundheit auf dem Wege der Selbstwirksamkeit in einer besseren Mundgesundheit niederschlugen, was die Bedeutung der persönlichen Überzeugungen des Patienten weiter unterstreicht.4
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